Kalletal-Echternhagen (sf). Es ist der ungünstigste Zeitpunkt überhaupt. Der Winter steht vor der Tür, 60 Tiere sind im Haus untergebracht, darunter viele Baby-Katzen und die Heizung ist kaputt, irreparabel kaputt. Genau das ist gerade dem Tierschutzverein Franziskushof e.V. im Kalletal passiert. Der Kostenvoranschlag für eine neue Heizung beläuft sich auf rund 34 000 Euro – „und das ist schon die günstigste Variante“, erklärt Sina Endler, Mitarbeiterin im Verein. Der Franziskushof ist jetzt auf Spenden angewiesen, um dieses Mammutprojekt zu stemmen.
Es war Anfang Oktober. Die Nächte wurden kälter. Franziskushof-Nachtschicht-Mitarbeiterin Jasmin Kestingschäfer wollte den Festbrennstoff-Kessel anheizen damit es die 40 Katzen und 19 Hunde über Nacht warm haben. „Als sie die Klappe zum Befüllen des Ofens öffnete, kamen ihr bereits ausgebrochene Schamott-Steine entgegen. Sie entdeckte Risse im Inneren des Brennraums“, beschreibt Endler die Ausgangssituation. Schnelles Handeln war erforderlich. Der einbestellte Schornsteinfeger konnte nur noch die „Rote Karte“ für die alte Heizungsanlage ziehen. Seither klebt ein Aufkleber „Defekt“ auf der Ofenklappe und ein Betriebsverbot steht im Raum.
Ganz unerwartet kommt das Aus für die Heizung nicht. „Bei der Wartung im letzten Jahr sagte man uns bereits, dass die Anlage wohl nur noch ein paar Jahre halten würde“, so Endler. Aus den „paar Jahren“ wurden nun wenige Monate und der Verein steht vor einer finanziellen Herausforderung, wie er sie lange nicht mehr hatte.
Dabei lief alles gut in den letzten Jahren für den Franziskushof e.V.. Der Vereinsvorstand hatte gut gewirtschaftet, wie Sina Endler, die bereits von Kindesbeinen an im Franziskushof aktiv ist, beschreibt: „Seit 2016, dem Jahr, in dem wir uns als Verein neu aufgestellt haben, konnten wir uns Stück für Stück aus den roten Zahlen heraus arbeiten“. Drastische Einschränkungen waren dafür notwendig. So wurde der Auslandstierschutz mit dem Partner-Tierheim in Polen aufgegeben. „Wir arbeiten nur noch mit Tierheimen in Deutschland zusammen“, so Endler. Dies sei auch eine Auflage des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) gewesen, von dem der Verein seinerzeit Fördermittel zur Errichtung von zwei Quarantäne-Stationen erhielt. Zwar sei das jetzt nach fünf Jahren abgelaufen, aber noch heute haben die Verantwortlichen die Kosten streng im Blick und müssen auch das eine oder andere Tier ablehnen oder an private Pflege-Endstellen vermitteln.
Die nach der Erhöhung der Tierärzte-Gebührenordnung stark gestiegenen Tierarzt-Kosten seien eine weitere Herausforderung, obgleich es eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Hoftierarzt und damit verbundene Sonderkonditionen gibt. Das, wofür der Franziskushof immer stand, jedem Tier, vor allen den kranken, alten, behinderten oder verhaltensauffälligen, eine Chance zu geben, wird heute durch Weitervermittlung gelöst. Denn im Stich lassen will der 379 Mitglieder starke Verein, diese Tiere nach wie vor nicht. Das Motto „Ein Weg der Hoffnung“, das den Giebel des alten Fachwerkhauses ziert, ist immer noch Programm. Finanziell geholfen hat auch der zum 1. Januar 2023 geschlossene Fundtiervertrag mit der Gemeinde Kalletal. „Hier erhalten wir eine jährliche Pauschale. Sie errechnet sich nach der Zahl der Einwohner, wird aber vollständig von den Tieren aufgezehrt“, so Endler.
Allein im letzten Jahr hatte der Franziskushof Tierarztkosten von 81 000 Euro. Wenn dabei gleichzeitig noch die Vermittlungszahlen für die Tiere zurückgehen, „weil sich viele Menschen die Kosten für den Tierarzt nicht mehr leisten können“, so Endler, dann wird die Finanzdecke wieder dünner – vor allem bei einem Verein, der sich bis letztes Jahr ausschließlich von Spenden finanzieren musste. Traurig streichelt Endler dabei dem freundlichen Handicap-Hund „Loki“ über den Kopf. Der Rüde kam Mitte August in den Franziskushof und wäre unter normalen Umständen dank seines offenen, liebenswerten Charakters und hübschen Aussehens längst vermittelt gewesen. Nur leider kam „Loki“ mit einem alten, nicht operierten Beinbruch. „Das macht ihm derzeit noch nicht viel aus. Er ist jung. Aber irgendwann werden Physiotherapie, vielleicht eine Amputation fällig. Die Menschen scheuen die Kosten und so ist Loki immer noch hier“, so Endler.
Spenden sind jetzt die große Hoffnung der Tierschützer. „Jeder Euro hilft“, sagt Endler und blickt dabei auf die Sorgenkinder des Vereins, beispielsweise den alten, immer dünner werdenden Podenco-Rüden „Rlki“, der derzeit mit wärmender Jacke ganz nah an der einzigen Heizquelle im gesamten 300 Quadratmeter großen Tierheimareal liegt: am Kaminofen auf der Deele.
Wie alles begann:
40 Katzen, vier Hunde und ein Affe. Die Vereinsgründerinnen Susanne Häger und die mittlerweile verstorbene Marianne Danyluk waren Arbeitskolleginnen in der Stiftung Eben-Ezer. „Wir waren in Alt Eben-Ezer tätig an der Lageschen Straße. Dort gab es viele wilde Katzen. Wir haben sie gefüttert, eingefangen und kastrieren lassen. Aber weil die Lagesche Straße so stark befahren war, haben wir die Katzen zu ihrem eigenen Schutz mit nach Hause genommen. Unser Engagement sprach sich herum und so kamen immer mehr Tiere“, erinnert sich Häger, die damals noch in Lemgo wohnte und kurze Zeit später zu Marianne Danyluk nach Lüdenhausen zog. Dort begann im Jahr 1987 der Tierschutz in einer ganz normalen Mietwohnung in der Straße Am Anger bei einem verständnisvollen Vermieter, der aber irgendwann auch die Notbremse zog, als den Tierfreundinnen immer mehr Tiere anvertraut wurden. Häger und Danyluk schauten sich nach einem Haus um und fanden 1989 den alten Resthof in Echternhagen 13, den Susanne Häger von ihrem Erbe kaufte.
1991 wurde der Verein Franziskushof e.V. gegründet. Danyluk und Häger waren Vorsitzende. Katzen, Hunde, Kleintiere und Affen lebten mit den beiden Frauen auf dem Hof. Damals wie heute war das Konzept, die Tiere niemals alleine zu lassen und in Gruppen zu halten statt in Einzelzwingern. So kümmerte sich auch das gerettete Kapuzineräffchen „Gretchen“ um die Katzen, machte mit ihnen Fellpflege und kuschelte mit den Stubentigern.
Die Affen sind lange schon in Auffangstationen vermittelt. Heute leben Hunde und Katzen im Franziskus. Auch für Kleintiere gibt es eine Haltungsgenehmigung. Aber die Kleintiergehege sind derzeit leer, denn sie liegen in dem Teil des Gebäudes, das momentan nicht geheizt werden kann. Die neue Heizungsanlage soll bis Mitte Dezember eingebaut und hoffentlich dank Spenden finanziert sein. Für die Übergangszeit bis dahin werden nun erst einmal Elektro-Heizkörper aufgestellt, denn 16 Grad Celsius Raumtemperatur, Tendenz fallend ist nicht tolerabel.
Wer dem Franziskushof mit einer Spende helfen möchte, kann dies auf folgendes Konto tun: Sparkasse Herford, IBAN: DE74 4945 0120 0250 6310 66, BIC: WLAHDE44XXX oder über PayPal: info@franziskushof-tierschutzverein.de.