Extertal-Bösingfeld (red). Seit 1976 sichtet, sortiert und verkauft Heinrich Kracht gebrauchte Briefmarken für die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Bösingfeld. „Jetzt ist endgültig Schluss“, sagt der 79-Jährige und zieht eine eindrucksvolle Bilanz seiner Arbeit. Allein im Jahr 2024 sind rund 300.000 gestempelte und ungestempelte Postwertzeichen durch seine Hände gegangen, um sie danach für einen guten Zweck zu verkaufen. Den Erlös von etwa 4.000 Euro spendete Kracht wie jedes Jahr der „Lebensmission Haiti“, auch 2025 soll die Karibikinsel erneut unterstützt werden.
Bis zu seiner Verabschiedung im Jahr 2010 war Heinrich Kracht in der Verwaltung der Kirchengemeinde beschäftigt. Schon viele Jahre vorher war ihm die Idee der ungewöhnlichen Briefmarkenaktion gekommen. „Und plötzlich wurde aus der spontanen Idee eine tägliche Fleißarbeit“, erinnert er sich. „Ich erhielt aus ganz Deutschland unzählige Briefmarken und Ansichtskarten zugesandt, manchmal auch komplette Briefmarkenalben. Die Aktion war sozusagen ein Selbstläufer geworden“, berichtet der Fachmann, der selbst auch Briefmarken sammelt. Verkauft wurden die Marken als „Kilo-Ware“ an einen Händler in Hessisch-Oldendorf zum Preis von fünf Euro pro Kilo. Bei Sondermarken lag der Erlös noch etwas höher.
Eine „Blaue Mauritius“ sei ihm beim Sortieren der Marken nicht in die Hände gekommen, sagt Kracht und fügt schmunzelnd hinzu. „Auch wenn ich die teuerste Briefmarke der Welt nie gefunden habe, waren doch einige wertvolle Exemplare dabei.“ Durch den Weiterverkauf konnte so der Spendenanteil für das Kinderdorf in Haiti erhöht werden. Kracht sammelte nicht nur Gestempeltes oder Ungestempeltes, sondern auch Telefonkarten und Münzen von Privatpersonen oder aus Nachlässen. Richtig ins Schwärmen kommt der rüstige Rentner, wenn er anfängt zu rechnen: „In den letzten knapp 50 Jahren dürften mehr als 50 Millionen Postwertzeichen durch meine Hände gegangen sein“, bilanziert er nicht ohne Stolz.
Darin enthalten sind auch die Millionen von Briefmarken, die Kracht zusätzlich für die Suchthilfe-Organisation „Blaues Kreuz“ sortiert, gesammelt und verkauft hat. Pro Jahr stellt er dem Verein einen „Erlös aus dem Briefmarkenverkauf von sieben- bis achttausend Euro zur Verfügung“. Er ist seit den 1970er-Jahren Vorsitzender des 1908 gegründeten Ortsvereins Bösingfeld – als ehrenamtlicher Nachfolger seines Vaters und Großvaters, beide mit dem Vornamen Heinrich. Jede Woche trifft sich am Freitagabend eine Begegnungsgruppe im Gartenhaus von Heinrich Kracht im Ortszentrum von Extertal.