Extertal-Reine (red). Es ist derzeit ein mittelalter Laubwald, der den Bürgerinnen und Bürgern von Extertal-Reine beim Blick auf den südwestlich gelegenen Mühlenberg ins Auge fällt. Nun wird sich der Anblick für sie jedoch radikal ändern: Der Landesverband wandelt das Areal um und wird dazu bis Anfang März zahlreiche Bäume fällen. Entstehen soll ein sogenannter Mittelwald – eine Waldbetriebsart, die über eine außergewöhnlich hohe Artenvielfalt verfügt.
„Wir finden auf dem Mühlenberg viele Reste alter Hauberge. Das ist eine Form des Niederwalds, bei der Bäume regelmäßig nach etwa 25 Jahren auf den Stock gesetzt wurden, um Brennholz zu gewinnen“, erzählt Thomas Fritzemeier, Leiter des Forstreviers Bösingfeld. „Dazwischen finden sich auch ältere, höhere Eichen, wie sie in Hochwäldern vorkommen. Für uns ist das eine ideale Ausgangslage, um hier einen naturschutzfachlich äußerst wertvollen Mittelwald zu entwickeln.“
Mittelwälder, so der Förster, stammen aus dem Mittelalter und sind eine Mischform aus Hoch- und Niederwald. In ersterem sollen Bäume zur Holzernte heranwachsen, in letzterem steht der Gewinn von Brennholz oder Rinde im Vordergrund. „Der Mittelwald verband beides: ein Oberholz, zum Beispiel aus Eichen, und ein Unterholz, zum Beispiel aus Hainbuche, Feldahorn und Haselnuss. Das Unterholz wurde zur Brennholzgewinnung alle 25 bis 30 Jahre auf den Stock gesetzt, das war für die Menschen damals mit einer Handsäge noch gut machbar“, sagt Fritzemeier. Zudem wurden Mittelwälder als Waldweide für Haustiere genutzt.
Bei den anstehenden Fällarbeiten werden nun zahlreiche Bäume entnommen, um einen lichten Waldboden zu schaffen, der Unterholzarten sowie Sträucher und bodennahe Pflanzen bevorteilt. „In der Folge wird die Artenvielfalt deutlich zunehmen, denn sowohl an ältere Eichenwälder gebundene Arten werden hier vorkommen als auch Arten, die sonst nur auf Freiflächen anzutreffen sind.“ Befördern will Fritzemeier das mit einem für Mittelwälder typischen Flächenfachwerk: „Wir teilen den circa zehn Hektar großen Mühlenberg schachbrettartig auf und werden die einzelnen Felder sukzessive durchforsten, in einem Gesamtturnus von rund 30 Jahren. So entsteht ein Mosaik unterschiedlicher Sukzessionsstadien und Baumalter, mit jeweils unterschiedlichem Licht- und Wärmeangebot in Bodennähe – und mit vielfältigen Pflanzen- und Tierarten.“ „Der Naturschutz liegt den Försterinnen und Förstern des Landesverbandes seit vielen Jahrzehnten am Herzen. Ein Drittel unserer Wälder stehen unter Natur- oder FFH-Schutz, wir pflegen Naturdenkmale oder Horstbäume, sperren auch mal Waldwege für Schwarzstorch oder Seeadler und kooperieren mit der Biologischen Station Lippe bei zahlreichen Naturschutzprojekten“, sagt Susanne Hoffmann, stellvertretende Leiterin der Forstabteilung. „Die Pflege von naturschutzfachlich wertvollen Waldbetriebsarten zählt dazu. An den Externsteinen und am Norderteich pflegen wir zum Beispiel alte Hudewäler, im Kalletal haben wir vor einigen Jahren einen Auewald geschaffen.“ Der Mühlenberg biete die einzigartige Chance, einen Mittelwald mit hohem Artenreichtum zu entwickeln: „Das wollten wir uns einfach nicht entgehen lassen.“
Großen Gewinn wird die Forstabteilung mit der Bewirtschaftung dieses Mittelwaldes nicht machen: „Wir können zwar hin und wieder hiebsreife Eichen ernten, aber die regelmäßige Durchforstung der einzelnen Mosaikflächen ist sehr aufwendig und kostenintensiv. Das ist es uns aber wert.“
Die Fällarbeiten starteten am vergangenen Montag, 17. Februar, und werden bis Anfang März dauern. Im Zuge der Fällungen und des Holzabtransports wird eine Vollsperrung entlang der K85 Drostenhof zwischen dem Ortsausgang Reine und der Einmündung auf die K59 bei Dudenhausen nötig sein. Die Sperrung endet am 2. März. Um Verständnis wird gebeten.