Barntrup (red). Wie bekomme ich die Wohnung und das Wasser im Winter warm? Welche Heizungsart ist die richtige? Hat meine Öl- oder Gasheizung eine Zukunft? Diese Frage wird gerade nicht nur in Barntrup, sondern in ganz Deutschland rauf und runter diskutiert. Im historischen Ortskern geht es bei diesen Fragen in den nächsten Monaten weniger um reine theoretische Fragen, sondern um eine ganz praktische Antwort.
In diesen Tagen starten die Arbeiten zur Errichtung einer neuen Nahwärmezentrale im historischen Ortskern. Auf der Fläche hinter dem Rathaus an der Mittelstraße 32 entsteht eine moderne Hackschnitzelanlage, die Gebäude im kernstädtischen Bereich mit klimaneutral erzeugter Wärme versorgen soll.
„Wir sind vor knapp zwei Jahren mit einer losen und unkonkreten Idee und einem Gedankenexperiment gestartet“, berichtet Bürgermeister Borris Ortmeier. „Wir haben auf einer relativ kleinen Fläche viele öffentliche Gebäude der ev.-ref. Kirchengemeinde und der Stadt, die ähnliche Herausforderungen haben, nämlich alte Heizungen“, berichtet Ortmeier über die Intension. Schnell wurde die Idee einer Nahwärmeversorgung entwickelt und mit einem Fachbüro, welches die notwendige Expertise einbrachte, konkretisiert. Zur gleichen Zeit hatte auch die angrenzende Kirchengemeinde Barntrup konkrete Sanierungsplanungen für die Kirche, die sich direkt neben dem Rathaus befindet. Hier war „zukünftige Beheizung“ ebenfalls Thema.
Hinter dem Rathaus an der Mittelstraße war schnell ein verfügbares Grundstück gefunden. Erste grobe Abstimmungen mit dem Kreis Lippe zum Thema Baurecht auf dem Grundstück verliefen positiv. Alle betreffenden Gebäude, die angeschlossen werden sollten, wurden gemeinsam begangen, die vorhandenen Heizungsanlagen aufgenommen und die benötigte Energie ermittelt.
Nachdem alle Daten vorlagen, plante Familie von Schönberg die konkrete Umsetzbarkeit. „Seit mittlerweile zwölf Jahren betreiben wir eine Holzhackschnitzelanlage, um das Gut Wierborn klimaneutral zu beheizen. Seit rund drei Jahren versorgen wir zudem Häuser im Neubaugebiet Hintere Lohbreite in Barntrup über eine große Nahwärmeanlage auf unserem Hof in Wierborn. Mittlerweile sind nicht nur Häuser des Neubaugebietes angeschlossen, sondern auch Gebäude im Bereich Pivitswiese, die vor rund 20 bis 25 Jahren gebaut wurden“, berichtet Ursula von Schönberg.
Nach konkreten Projektplanungen und Antragstellung für Förderungen wurde auch eine finale Beteiligung der Projektpartner aus Kirche und Stadt Barntrup mit großen Mehrheiten im Kirchenvorstand und Stadtrat beschlossen.
Der Planungsprozess mit einem umfangreichen Bauantrag hat sich dann sehr lange hingezogen, sodass erst im Sommer dieses Jahres die notwendige Baugenehmigung durch den Kreis Lippe erteilt wurde. „Hier haben wir richtig Zeit verloren, die wir versuchen müssen, in den kommenden Monaten wieder rauszuholen“, betont Ursula von Schöneberg.
Auch für die Kirchengemeinde ist dieses Projekt sinnvoll. „Wir haben das Ziel bis zum Jahr 2035, 90 Prozent und bis 2045, 100 Prozent klimaneutral zu sein, so ist es Beschluss der Synode der Lippischen Landeskirche. Das ist gerade bei historischen Gebäuden, wie Kirchen, nicht immer ein einfaches Unterfangen. Mit der gemeinsam erarbeiteten Lösung können wir beispielhaft aufzeigen, was möglich ist. Wir freuen uns sehr über die Entwicklung“, betont Pastor Michael Keil.
Gemeinsames Ziel ist es, dass schon zum Ende dieses, Anfang nächsten Jahres Wärme durch die neue Holzhackschnitzelanlage erzeugt wird und durch die Nahwärmeleitung die angeschlossenen Gebäude versorgt werden.
Am Montag, 2. September, um 19 Uhr gibt es eine öffentliche Informationsveranstaltung in der Kirche an der Mittelstraße für Nachbarn, die eventuell die Möglichkeit haben werden, sich ebenfalls an die Anlage anzuschießen.
Die Schaffung eines Nahwärmenetzes mit einer Holzhackschnitzelanlage zeigt, dass auch in engen bebauten Ortskernen die Umsetzung von innovativen Lösungen möglich ist, wenn man Partner hat, die bereit sind anzupacken. „Wir freuen uns sehr, dass wir diese Partner hier in Barntrup haben und wir dieses innovative Projekt gemeinsam in die Tat umsetzen können“, betonen die Projektpartner.