Kalletal-Talle (rr). Der Sonntag war für das Kalletal und besonders für die kleine Gemeinde Talle ein ganz großer Tag. Am Vormittag rollte unter Blaulicht und mit kleiner Eskorte die schwer gepanzerte Mercedes-Limousine vor die ab dem Jahr 1100 erbaute Taller Peterskirche. Neugierig beäugt von den Taller Bürgern entstieg ihr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und machte sich zu Fuß auf den Weg in Richtung Kirche, begrüßt von NRW-Ministerin Ina Scharrenbach und den Repräsentanten der Organisation dieses feierlichen Tages.


Denn anlässlich des Erntedankfestes sollte dem Bundespräsidenten hier die Erntekrone übergeben werden, mit der Landfrauen und Landwirte an die Bedeutung einer guten Ernte und den Dank für die Erntefrüchte erinnern. Die aus Getreide gebundene Krone wird dazu an wichtige Einrichtungen oder Personen überreicht. In diesem Jahr übernahm der „Vierer-Kreis“ diese Aufgabe, worin sich der Deutsche Bauernverband, der Deutsche Landfrauenverband, die Katholische Landvolkbewegung und die Evangelische Kirche zusammengefunden hatten.
Steinmeier zeigte sich ausgesprochen gut gelaunt, plauderte mit Offiziellen und Besuchern, und betonte, „dass mir der Besuch nicht schwergefallen ist, denn Lippe ist nun mal meine Heimat geblieben.“
Zudem sei es ihm eine große Freude, die Erntekrone entgegenzunehmen, „denn diese Tradition ist vor etwa zehn bis 15 Jahren bedauerlicherweise abgebrochen, und es ist doch eine ideale Gelegenheit, die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Landwirtschaft in den ländlichen Regionen zu lenken.“
Nach dem obligatorischen Fototermin mit Offiziellen nahm Steinmeier an dem beeindruckend würdigen ökumenischen Erntedank-Gottesdienst teil, der von Diakon Hubert Wernsmann, KLB Bundesseelsorger, und Pfarrer Thorsten Rosenau von der ev.-ref. Kirchengemeinde Talle geleitet wurde, untermalt von Musik des Posaunenchors Talle unter der Leitung von Oliver Uthoff und an der Orgel von Maria Hanekamp begleitet.
Der Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde Kalletal war schnell vollzogen, dann ging es zur feierlichen Übergabe der Erntekrone an das Staatsoberhaupt auf den Kirchplatz. Dort thronte diese auf einem Pfosten, und Marlies Witte vom Vorstand der Landfrauen Lippe leitete die Zeremonie ein. Susanne Schulze-Bockeloh, Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbandes, erläuterte die Bedeutung der Krone. Die vier Arme der Erntekrone stehen für die Freude, die Sorge, die Hoffnung und die Dankbarkeit, welche je auf Aussaat, Ernte und das Erntedankfest bezogen werden. Der untere Kranz symbolisiert den Zusammenhalt.
Frank-Walter Steinmeier zeigte sich sichtlich beeindruckt und versprach, dass die Erntekrone in Berlin einen prominenten Platz erhalten werde, wo sie für möglichst viele Menschen sichtbar sei. „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass eine reiche Ernte und stets verfügbare Lebensmittel vorhanden sind, zumal gerade erst Getreidelager in der Ukraine von Drohnen bombardiert worden sind. Auch Umweltkatastrophen wie in Griechenland, Spanien, Marokko und Libyen haben ganze Jahresernten vernichtet.“ Die Herausforderungen für die heimische Landwirtschaft durch Preissteigerungen für Energie, Saatgut und Dünger seien problematisch, doch verband Steinmeier diesen Aspekt mit dem Dank an die Landwirtschaft, die ihre Arbeit jeden Tag mit Leidenschaft, Einsatz und vor allem mit Erfolg leiste.
Beim Rundgang über das Kirchengelände, wo zahlreiche Vereine und Institutionen auf dem „Markt der Möglichkeiten“ mit teils aufwendigen Infoständen platziert waren, kam der Bundespräsident mit den Ehrenamtlichen und vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch und zeigte sich außerordentlich zugewandt, nahbar und wissbegierig, bevor es Stunden später wieder zurück nach Berlin ging.