Nordlippe (nl/wg). Fehlende Arzneimittel erschweren die Versorgung der Kunden. Gleichzeitig belastet eine ausufernde Bürokratie die Apothekenteams. Wenn zudem die erbrachte Leistung nicht angemessen honoriert und von der Politik scheinbar ignoriert wird, ist das ein guter Grund, endlich auf die Straße zu gehen! In ganz Deutschland haben Apothekenteams protestiert, um ihren Unmut gegenüber der aktuellen Bundespolitik zum Ausdruck zu bringen. Die Apothekerinnen und Apotheker aus Extertal, Dörentrup und Barntrup stehen geschlossen hinter dieser Aktion und haben sich alle am Protest beteiligt. „Es ist wohltuend, so viel Unterstützung für unser Engagement durch unsere Kunden zu bekommen“, sagt Dr. Hans Wiegrebe aus Barntrup. „Letztendlich protestieren wir ja auch für sie!“
Mangelnde
Wertschätzung ist
schwer zu ertragen
Die mangelnde Wertschätzung der Leistung der Apotheken durch die Bundespolitik ist schwer zu ertragen. Täglich verbringen alle Teams mehrere Stunden damit, Lösungen für Lieferengpässe zu finden. Der ständige Präparate-Wechsel führt bei vielen Kunden zu einer großen Verunsicherung. „Unsere Kunden ahnen oft gar nicht, wie schwer es ist, sie überhaupt zu versorgen“, sagt Kathrin Bauerrichter aus Dörentrup. „Die Kunden vertrauen dabei zu Recht auf die pharmazeutische Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker vor Ort.“
„Wir brauchen alle Planungssicherheit und eine passende Vergütung für unsere Leistungen durch die Bundespolitik, damit unsere Apotheken auch in Zukunft erhalten bleiben“, so Elke Grabenhorst aus Extertal. „Wer die Apotheken kaputtspart, gefährdet die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung!“ Die Apothekerinnen und Apotheker vor Ort werden auch zukünftig zusammenstehen, um gemeinsam für die wohnortnahe Versorgung der Patienten zu
kämpfen.
Am 23. Juni 20 23 hat der Bundestag das „Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG)“ verabschiedet. Dieses kompliziert klingende Gesetz soll durch ein Paket von Maßnahmen die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verbessern.
Verbesserungen durch
das „Lieferengpassgesetz“?
Durch gelockerte Preisregelungen soll beispielsweise die Verfügbarkeit bestimmter Arzneimittel verbessert werden. So dürfen Hersteller von Kinderarzneimitteln einmalig den Abgabepreis ihrer Arzneimittel innerhalb definierter Grenzen anheben. Vereinfachte Austauschregeln sollen zudem die Apotheken in die Lage versetzen, die Patienten in der Engpasskrise flexibler zu versorgen.
„Einerseits ist es begrüßenswert, dass insbesondere die Bundestagsabgeordneten in letzter Sekunde dafür gesorgt haben, dass die Apotheken bei der Bewältigung der Engpasskrise mehr Freiheiten bekommen“, so Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.
Doch zugleich kritisiert die Apothekerschaft sowohl die Bundesregierung als auch den Bundestag dafür, den knapp 18.000 Apothekenteams weder eine angemessene Wertschätzung noch eine auskömmliche Honorierung zuzugestehen und somit keine Zukunftsperspektive für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung zu bieten.
„Deshalb wird sich die Apothekerschaft weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, dass der eigene pharmazeutische Nachwuchs auch in Zukunft noch Apotheken gründen und betreiben kann, um eine optimale Versorgung der Patientinnen und Patienten zu erbringen“, so Gabriele Regina Overwiening in einer Videobotschaft an die Politik.
„Es ist immens wichtig, die Apothekenteams vollumfänglich zu entlasten, uns deutlich mehr Entscheidungskompetenzen zu geben und die Apotheken für ihre Mühen endlich angemessen zu vergüten. Diesbezüglich haben wir von der Ampel-Koalition widersprüchliche Signale erhalten“, sagt Overwiening in Bezug auf das Lieferengpassgesetz. „Wir sehen einerseits, dass die Bundestagsabgeordneten den Belastungsstand in unseren Teams erkannt und anerkannt haben. Extrem bitter ist, dass die Bundesregierung nicht verstanden hat, dass die Apotheken vor Ort finanziell unterstützt werden müssen. Die nun beschlossenen 50 Cent für das Engpassmanagement sind und bleiben eine Missachtung unserer Arbeit.“
Dass der zuständige Minister Karl Lauterbach offenbar eher dazu bereit ist, Hunderte Millionen Euro in überflüssige Gesundheitskioske zu investieren, erzeuge in der Apothekerschaft Irritationen und Sorgen. Overwiening: „Es muss sich für junge Menschen auch in fünf oder zehn Jahren noch lohnen, eine Apotheke zu gründen und die Jahrzehnte lang zu betreiben.
„Für die wohnortnahe
Versorgung werden wir kämpfen“
Wir sind es unseren Patientinnen und Patienten, aber auch unserem eigenen Nachwuchs, schuldig, dass wir für den Erhalt der wohnortnahen Versorgung durch unsere Apotheken kämpfen. Deswegen werden wir auch während der Sommerpause im Rahmen von gezielten Aktionen immer wieder auf unsere Forderungen hinweisen und stehen zusammen, um im Herbst eine neue Protestwelle auszurollen. Aber wir sind auch weiterhin gesprächsbereit.“
Somit kann das Lieferengpassgesetz nur der Anfang sein – mehr Wertschätzung für Apotheken ist absolut notwendig.
Auch in Nordlippe werden die Apothekerinnen und Apotheker vor Ort weiterhin zusammenstehen, um gemeinsam für die ihrer Patientinnen und Patienten zu kämpfen.