Kalletal (jn). Die Gemeinde Kalletal hatte am Mittwoch dieser Woche einen erneuten Erfolg zu vermelden: Als eine von zehn Kommunen darf Kalletal am Projekt „Jugend entscheidet – Das Hertie-Programm für innovative Kommunen“ der Hertie-Stiftung teilnehmen. Das gemeinsame Ziel: Die Beteiligung der Jugend am lokalpolitischen Fokus der Nachhaltigkeit voranbringen und – zum Wohle aller Kalletalerinnen und Kalletaler – – dauerhaft verankern. Kurz gesagt: Jugendliche sollen dauerhaft mitsprechen und mehr entscheiden können.


115 Kommunen aus ganz Deutschland hatten sich bei der Hertie-Stiftung – die u.a. für das Projekt „Jugend debattiert“ bekannt ist und die sich die Förderung der Demokratie auf die Fahnen geschrieben hat – für die erste Projektrunde im Jahr 2021 beworben. Zehn Kommunen wurden ausgesucht, ganz vorne dabei war die Gemeinde Kalletal. Der Grund: Die Kalletaler Verwaltung will Jugendbeteiligung nicht nur bei jugendspezifischen Themen wie etwa Skaterparks ermöglichen, sondern will die Kalletaler Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren direkt an der Nachhaltigkeitsstrategie teilhaben lassen.

Das bedeutet: Die Jugendlichen dürfen und sollen ihre Meinung zu allen Planungen äußern und haben somit Teil am gesamtgesellschaftlichen Prozess in ihrer Gemeinde. Ganz nach dem Motto „Mitreden – statt über uns“.
Für Elisabeth Niejahr, die Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung, war dies eine „elektrisierende Möglichkeit“ – und mit auch der Grund, warum das Hertie-Stiftungs-Team so begeistert von der Kalletaler Bewerbung war: „Sie wollen die Jugendlichen an der Gesamtstrategie der Gemeinde mitwirken lassen.“ Längst nicht in allen deutschen Kommunen trauen sich die Verantwortlichen, ihrer Jugend reale Entscheidungen in die Hand zu geben. Deshalb waren auch Bürgermeister gesucht, „die sich was trauen“, so Niejahr.

Denn das ist das Besondere an dem Projekt „Jugend entscheidet“: Die Projekte der Jugendlichen werden vor Ort tatsächlich real umgesetzt, diese Beteiligung am Gemeindeleben wird für alle Kalletalerinnen und Kalletaler dauerhaft sichtbar sein. Dieser Umstand war die essentielle Voraussetzung für die Bewerbung. Für Kalletal bedeutet dass, das Gemeinde und Rat den Jugendlichen echte Entscheidungsspielräume einräumen müssen. Damit formal alles seine Richtigkeit hat, werden diese Entscheidungen aber natürlich auch von Verwaltung und Rat genehmigt und bestätigt werden müssen.

Auf dem Weg dahin wird die Stiftung dabei helfen, individuell für Kalletal passende Strategien und Ideen herauszuarbeiten. Unterstützung wird es dabei u.a. durch weitere Experten zum Thema Jugendbeteiligung geben, wie zum Beispiel dem Verein „Politik zum Anfassen“ aus Hannover.

Denn eins soll nicht passieren: Die Arbeit der Jugendlichen soll nicht – wegen mangelnder Umsetzung und Wertschätzung – im Sande verlaufen wie bei den Jugendparlamenten. Und was dazu vermittelt werden muss, das weiß Elisabeth Niejahr genau: „Lokalpolitik heißt auch: Gemeinsam handeln und Spaß haben.“
Und dies soll nicht nur bei der Jugend, sondern vor allem auch bei den Erwachsenen verankert werden. „Wenn eine Kommune einmal Jugendliche an Entscheidungen beteiligt hat, wird große Selbstwirksamkeit gefühlt. Und dann kommt langfristig etwas in Gang, so dass man auch in Zukunft gemeinsam handelt,“ erklärt Elisabeth Niejahr.

Auf Seiten der Gemeinde Kalletal war am Mittwoch die Freude ausgesprochen groß. Bürgermeister Mario Hecker verspricht sich von dem Projekt nicht nur, die insgesamt 581 Kalletaler zwischen 12 und 15 Jahren (immerhin 4,2 % aller Einwohner) für die Mitbestimmung in ihrer Heimat zu begeistern, sondern auch, lokalpolitischen Nachwuchs für die Ratsarbeit der kommenden Jahrzehnte zu finden. Bauamtsleiterin Ewa Hermann befand: „Im Kalletal haben wir schon positive Erfahrungen in der Einbringen von Kindern und Jugendlichen gemacht. Das Projekt ist für uns genau richtig!“ Olaf Kapelle, zuständiger Fachbereichsleiter für die Jugend, zeigte sich begeistert von der fast greifbaren Vorfreude und Kompetenz der Stiftungsmitarbeiterinnen und versprach, alle 581 Kalletaler Jugendlichen im entsprechenden Alter einzeln anzuschreiben und zum Mitmachen einzuladen.

Direkt in der kommenden Woche starten Gemeinde und das Team der Hertie-Stiftung unter Leitung von Projektbetreuerin Dr. Anna Grebe in die konkrete Arbeit – natürlich digital, anders geht es gerade nicht. Im 1. Projektschritt wird der „Ist-Stand“ von Jugendbeteiligung und Jugendalltag im Kalletal erhoben: Welche Projekte gibt es vor Ort schon? Welche Treffpunkte (offiziell und inoffiziell) besuchen Jugendliche? Wo läuft es auf struktureller Ebene schon – und worauf kann man aufbauen?

Im 2. Schritt – geplant für Juli dieses Jahres – werden alle 581 Jugendlichen gemeinsam ihre Themen auswählen können.

Im 3. Schritt des Projektes wird es im Herbst eine öffentliche Ratssitzung geben, in der die Entscheidung der Jugendlichen verkündet und per Ratsentscheid formal abgesichert werden soll, bevor dann bei einem großen Gemeindefest die Jugend-Entscheidung der gesamten Kalletaler Öffentlichkeit präsentiert wird. Bewusst sollen das Projekt selbst, seine Teilstrecken und sein Ergebnis auch für die erwachsenen Kalletaler erfahrbar sein, sie werden u.a. über eine App-Stadtrallye eingebunden werden.

Begeistert vom Projekt zeigte sich auch Dr. Eike Stiller, Schulleiter der Jacobischule. Wobei die Umsetzung bewusst außerhalb der Schule angesiedelt ist und damit einen anderen Weg beschreitet.