Barntrup (jn). Seit rund einem Jahr ist Borris Ortmeier als Bürgermeister von Barntrup im Amt. Wir haben ihn im Interview zum „Einjährigen“ gefragt, was für die Stadt in Zukunft wichtig ist und warum der politische Ton in Barntrup gerade merklich schärfer wird.

Nordlippischer Anzeiger: Nach einem Jahr im Amt: Wie wurden Sie in Barntrup empfangen und was haben Sie gleich zu Beginn angepackt?
Borris Ortmeier: Ich wurde hier in Barntrup – sowohl im Rathaus als auch in der Politik – mit offenen Armen empfangen und habe mich schnell zurechtgefunden. Wegen der Corona-Pandemie sind im letzten Jahr ja alle Veranstaltungen und Adventsfeierlichkeiten ausgefallen. Und so konnte ich mich ganz auf die vielen Aufgaben im Rathaus konzentrieren und mich sehr intensiv in die vielen Bereiche einarbeiten, mir schnell einen Überblick verschaffen.

NLA: Gab es dabei Überraschungen?
Borris Ortmeier: Ja in der Tat. Die vielfältigen Probleme und Herausforderungen, die Projekte und Maßnahmen, die zum Teil schon viele Jahre diskutiert, aber deren Umsetzung nicht konsequent angegangen wurden. Hinzu kamen unklare organisatorische Zuständigkeiten.

NLA: Wie ist der aktuelle Stand: Haben Sie organisatorische Dinge in der Verwaltung geändert?
Borris Ortmeier: Wir haben die Organisation der Verwaltung auf den Prüfstand gestellt und eine neue Organisationsform etabliert. Hatten wir vor einem Jahr noch vier Abteilungen, haben jetzt nur noch zwei Fachbereiche. Wir sind eine kleine überschaubare Verwaltung. Wir setzen auf flache Entscheidungsebenen – und brauchen keinen bürokratischen Wasserkopf.

Barntrups Bürgermeister Borris Ortmeier. Foto: Gemeinde Barntrup

NLA: In den letzten Wochen ist der Ton im politischen Austausch in Barntrup rauer geworden. Direkt gefragt: Liegt das mit an der Diskussion um den Grundschulstandort Alverdissen?
Borris Ortmeier: Das ist sicherlich so. Das Thema Schulstandorte ist immer ein hoch-emotionales Thema. Ein solches Thema stellt alle handelnden Personen vor eine Probe bei der Zusammenarbeit. Aber Politik hat eben nicht nur die Aufgabe, schöne und populäre Themen anzupacken.

NLA: Was bedeutet das konkret für die politische Zusammenarbeit?
Borris Ortmeier: Wir müssen viel mehr strategisch denken. Es ist nicht entscheidend, welche Vereine 100 Euro oder 200 Euro mehr oder weniger von der Stadt bekommen. Wir müssen Strukturfragen ohne vorherige Denkverbote offen diskutieren. Da gibt es auch keine einfachen politischen Antworten und zum Teil bedeutet das auch, Entscheidungen zu treffen, die beim Bürger nicht nur Beifall auslösen. Es geht darum Entscheidungen zu treffen, die ihre Wirkung nicht nur heute oder morgen entfalten, sondern auch in die Zukunft wirken.

NLA: Die Barntruper SPD-Fraktion stellte sich jüngst die Frage, warum das Thema Grundschulstandort Alverdissen überhaupt diskutiert werde. Können Sie das aufklären?
Borris Ortmeier: Ja, das ist ganz einfach. Ich habe mit den Vertretern aller politischen Fraktionen im Juni diesen Jahres über die aktuelle Situation und über die Herausforderungen gesprochen – und habe alle gefragt: „Wollen wir über das Thema diskutieren?“ Alle haben „ja“ gesagt. Übrigens, ausdrücklich auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Thomas Schwekendiek.

NLA: Im Raum steht nicht nur die Frage nach dem Warum zur Diskussion um den Grundschulstandort, es wird Ihnen auch vorgeworfen, bis heute keine Zahlen, Daten und Fakten zum Thema geliefert zu haben. Stimmt das?
Borris Ortmeier: Nein. Alle Ratsmitglieder und sachkundige Bürger waren schon Anfang Oktober von mir eingeladen und haben umfangreiche Informationen, Zahlen, Daten und Fakten erhalten. Aus der SPD-Fraktion gab es hierzu auch keine Nachfragen. Scheinbar hat die SPD inhaltlich eine klare Meinung – diese teile ich zwar nicht, aber ich akzeptiere sie. Dann soll die SPD das bitte auch begründen und nicht durch Falschbehauptungen ablenken und versuchen, politische Stimmungsmache zu betreiben. Dafür ist das Thema viel zu wichtig!

NLA: Es geht also ums Geld. Ist die finanzielle Größenordnung der Sanierung das Hauptproblem?
Borris Ortmeier: Wenn es um Investitionen von mehr als 1 Million Euro geht muss man doch erwarten, dass wir eine Entscheidung treffen, die breit und offen diskutiert wurde. Aber es geht auch um deutlich mehr als den finanziellen Aspekt: Um pädagogische und organisatorische Hürden, die das aktuelle System mit zwei Standorten aktuell mit sich bringt. Darum, dass die Kinder heute nicht den Unterricht bekommen, den sie nach dem Lehrplan erhalten sollten. Das liegt aktuell nur am System der zwei Standorte – und das kann durch uns vor Ort beeinflusst und entschieden werden! Die beste Bildung der Kinder steht für mich immer im Fokus.

NLA: Klar ist aber auch: Mit einer – im Raum stehenden – Schulschließung würde die Stadt Barntrup den Ortsteil Alverdissen nicht gerade stärken.
Borris Ortmeier: Das war auch nie Thema. Ich habe von Beginn an dafür geworben, das Für und Wider zu diskutieren. Abzuwägen und dann eine bewusste Entscheidung zum Wohl der gesamten Stadt und aller hier lebenden Menschen zu treffen.
Nochmal: Es gibt keine einfachen Antworten auf diese Frage! Wer „ja“ zum Schulstandort Alverdissen sagt, der muss auch sagen, dass er hier in den nächsten Jahren erhebliche Mittel investieren möchte. Die aktuelle Schärfe der Diskussion wundert aber schon vor dem Hintergrund, dass dringend notwendige Investitionen in den Schulstandort in den letzten Jahren weder gefordert noch diskutiert wurden. Wäre hier in der Vergangenheit regelmäßig investiert worden – und hätte man die Verantwortung als Schulträger konsequent ernst genommen – würde die aktuelle Diskussion gar nicht geführt.

NLA: Ist der Sanierungsstau der Schulen vor Ort das größte Thema, wenn es um die Barntruper Investitionen in den nächsten Jahren geht?
Borris Ortmeier: Wir haben mit vielen Entscheidungen deutlich gemacht, dass wir in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen vor der Brust haben. Neben dem Thema Schule sind dies unter anderen Investitionen in den Bereichen Feuerwehr, Sport sowie Kanal- und Straßenbau. Wir werden in den nächsten Jahren so viel investieren, wie es die Stadt Barntrup schon lange nicht mehr getan hat und das vor dem Hintergrund einer immer noch angespannten Kassenlage. Da sollte eine offene und faktenbasierte Diskussion in allen Themenbereichen selbstverständlich sein.

NLA: Themenwechsel – bald ist Weihnachten. Was ist Ihr Wunsch für die bevorstehende Advents- und Weihnachtszeit?
Borris Ortmeier: Dass wir alle möglichst gesund durch den Winter kommen und gegenseitig Rücksicht aufeinander nehmen.
Mein Wunsch für das politische Barntrup ist es, dass wir das Miteinander der letzten zwölf Monate beibehalten und uns – bei all‘ den eventuell unterschiedlichen politischen Sichtweisen – gegenseitig nie absprechen, das Beste für unsere Stadt erreichen zu wollen.
NLA: Herr Ortmeier, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das Interview führte NLA-Redakteurin Jutta Neelmeier.